Alltagsmenschen - Reflexionen über künstlich generierte Texte und Bilder
- rbr0303
- 5. Okt.
- 4 Min. Lesezeit

Alltagsmenschen - Reflexionen über künstlich generierte Texte und Bilder
1. Manipulationsverdacht in Text und Bild
„Während aber Sprache mehr und mehr darauf verzichten muss, Realität zu garantieren, weil allem, was gesagt wird, widersprochen werden kann, verlagert sch die Reproduktion von Realität auf die beweglichen, optisch/akustisch synchronisierten Bilder.“ (Die Realität der Massenmedien, Niklas Luhmann). Die Wiedergabe eines mit Kamera und Mikrofon aufgezeichneten realen Ereignisses wirkt auf den Konsumenten überzeugender als der verbale oder schriftliche Bericht eines Beobachters desselben Ereignisses. Bewegtbildern zu widersprechen fällt dem Anwalt des Beklagten vor Gericht schwerer als eine Zeugenaussage in Wort oder Schrift in Zweifel zu ziehen.
Neben den klassischen Massenmedien verbreiten inzwischen Millionen von Individuen Bewegtbilder von „realem“ Geschehen oder produzieren und verbreiten audiovisuelle Inhalte unterschiedlichen Inhalts. Influencerinnen oder Influencer promenieren den einsamen Strand entlang und erzählen über Land und Leute, andere kommentieren Bücher, erklären philosophische Ideen, reflektieren kritisch Content der Massenmedien oder Sozialer Medien, interviewen bekannte Persönlichkeiten oder andere Influencer und verbreiten die Gespräche und Interviews auf ihren eigenen sozialen Kanälen oder vermarkten mehr oder weniger gekonnt ihren eigenen Körper.
Large Language Models erzeugen Texte und Bilder nach Eingabe des Prompts eines Nutzers, indem sie auf im Internet verfügbare oder verfügbar gemachte Texte und Bilder zurückgreifen und darauf aufbauend meist schlüssige und überzeugende Voraussagen ableiten. Mithilfe von KI Programmen lassen sich inzwischen täuschend echte Videos von Ereignissen produzieren, die so nie stattgefunden haben, Antworten auf Interviewfragen oder Statements von Persönlichkeiten oder Unbekannten in Umlauf bringen, die so nie formuliert wurden oder gar frei erfunden sind.
Wie gehen wir mit diesem Wissen um? Stellen wir deswegen die konsumierten Inhalte in Frage? Doch nur dann, wenn die Quelle nicht aus unserer Blase sprudelt. Als Konsumenten von aus unserer Sicht vertrauenswürdigen Massen- und sozialen Medien neigen wir bei Bewegtbildern nur wenig zum Widerspruch oder zur kritischen Reflexion; wir gehen davon aus, dass das Berichtete oder Gezeigte wahr ist.
Der Aufgabe, der Wahrheit etwas näher zu kommen, stellt sich Forschung und Wissenschaft. Selbst dieser Bereich der Gesellschaft ist wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Zwängen wie etwa den Glaubensgrundsätzen von Peer Groups unterworfen.
Wenn wir dem bewegten Bild mehr vertrauen als dem gesprochenen oder geschriebenen Wort, ist es vielleicht nur ein frommer Wunsch, dass uns das Wissen um die einfache Manipulierbarkeit von Bewegtbildern misstrauisch macht und zum eigenen Denken anregt. Ist es nicht fast schon ein Plädoyer, mehr zu lesen, wenn uns das Geschriebene inzwischen leichter widersprechen lässt - gar das Original zu lesen?
- R.B.
2. Manipulation mittels KI – Trug oder Realität?
In Zeiten der Künstlichen Intelligenz, die heutzutage präsenter denn je ist, kontinuierlich weiterentwickelt wird und immerzu an Intelligenz gewinnt, stellt sich die Frage, ob die – vom Menschen entwickelte – Intelligenz diesem überlegen ist. Kann die ‚Erfindung‘, die anfangs zur Unterstützung seines Schöpfers entwickelt wurde, das menschliche Gehirn übertreffen und in bestimmten Gebieten gar überlisten? Befürworter dessen beantworten diese Fragen mit einem überzeugten ‚Ja!‘, da KI in Text und Bild solch eine Realität annimmt, die von der wahrhaftigen Realität nicht zu unterscheiden ist – allerhöchstens mit einem geschulten Augen und einer immens hohen Aufmerksamkeit. An diesem Punkt stellt sich jedoch die Frage: Wenn ich Nachrichten lese oder schaue, möchte ich da wirklich meine vollste Aufmerksamkeit aufbrauchen, um herauszufiltern, ob das, was ich sehe, eine echte Person ist und das, was ich lese, von einer echten Person geschrieben wurde oder möchte ich nur wissen, was es Neues in der Welt gibt, ohne der Existenz jener zu misstrauen? Dieses ist in der Regel der Fall; Menschen, die gewillt sind, Nachrichten zu lesen oder zu schauen, haben das Vertrauen in die Nachrichtenagenturen und konsumieren sie, ohne sie zu hinterfragen. Dies ist jedoch ein Fehler, da kein Individuum heutzutage auf das, was ihm gezeigt wird, vertrauen kann.
Dies erinnert im weitesten Sinne an die ‚Meditation‘ René Descartes, in der dieser seine eigene Existenz und die Realität im Allgemeinen anzweifelt. Woher kann ich wissen, was KI ist und was Mensch? Klar, wenn ich aus dem Fenster sehe und vorbeilaufende Menschen beobachte, nehme ich nicht an, dass ich träume oder dass es sich um Roboter handelt – auch dieses Argument könnte mit der steigenden Forschung an Robotern in einigen Jahren nicht mehr Stand halten –; in der Medienwelt sieht dies jedoch anders aus: Früher konnten Individuen problemlos Medien konsumieren, ohne zu zweifeln, ob es eine vertrauenswürdige Quelle ist oder nicht; heutzutage verschwimmt die Grenze zwischen Realität und einer digitalen Welt fließend.
Auch hier passt die bekannte Schlussfolgerung Descartes: „Ich denke, also bin ich.“; auf die heutige Zeit lässt sich der Leitsatz wie folgt ergänzen: „Ich denke, also bin ich und sind die Medien“. Solange ein Individuum sich kritisch Gedanken zum Gelesenen oder Gesehenen macht, ist es nicht verloren und lässt sich nicht manipulieren. Doch ist dies so?
Dennoch vertrauen die meisten Individuen auf jene Medien und hinterfragen sie zu wenig bis überhaupt nicht; vielleicht liegt dies an der begrenzten Aufmerksamkeitsspanne, die durch die schnelle Informationsbeschaffung, ohne sich selbstständig zum Postulierten, Gedanken zu machen, begünstigt wird; vielleicht liegt es an der Tatsache, dass die KI immer besser im Manipulieren ist. Wird es irgendwann einen Tag geben, an dem selbst der Leitsatz „Ich denke, also bin ich und sind die Medien.“ überholt ist? Ist dies heutzutage bereits in manchen Bereichen der Fall? Was sagt mir, dass die YouTuber, die ich schaue, wahre Menschen sind?
Dem helfen die sozialen Medien neuerdings etwas weiter, indem angezeigt wird – und zu Teilen gar angezeigt werden muss –, dass es sich um eine KI-generierte Sequenz handelt. Dennoch gibt es auch in diesem Spektrum Defizite. Ist die Menschheit verloren, wenn selbst kritisches Denken nicht mehr zum Differenzieren der Realität und der Illusion ausreicht? Dies bleibt mit Sorge auf die kontinuierliche Entwicklung der KI und der Roboter zu beobachten.
- L.B.


